Zusammen mit zwei Kommilitonen habe ich am Austauschprogramm des IFW Hannover teilgenommen, in dem Studenten ein Semester lang an der Keio Universität in Tokio studieren können. Das Programm ist im Rahmen eines „Research Stays“, d.h. wir haben dort im „Laboratory for Manufacturing Science“ unsere Studienarbeit geschrieben. Alle von uns haben aber auch noch Kurse belegt, da dies zusätzlich auch noch möglich ist. In diesem Kurzbericht möchte ich einige meiner Erfahrungen aus Japan teilen.
Wir kamen gegen Ende März dort an, da das Semester dort immer am 1. April anfängt. Wir alle haben im „Hiyoshi International Dormitory“ gewohnt. Dies ist ein Studentenwohnheim, in dem sowohl Japaner als auch internationale Studenten wohnen. Auch wenn wir angeblich das „strengste“ Wohnheim erwischt hatten, kann man denke ich doch generell sagen, dass in Japan etwas andere Vorstellungen als in Deutschland herrschen, was man als Student tun bzw. nicht tun sollte. Das konnte man gut daran erkennen, dass die unteren drei Etagen nur für Männer und die oberen drei nur für Frauen waren und dort auch jeweils das andere Geschlecht nicht erlaubt war, auch nicht tagsüber zum Besuch. Alkohol war auch im gesamten Wohnheim verboten. Aber trotz dieser etwas strengeren Regeln, bin ich sehr froh, dass ich mich für dieses Wohnheim entschieden habe. Zum einen war die Ausstattung wirklich gut, jede Etage hatte eine eigene große Küche, die Units und der Rest des Wohnheims wurden jeden Tag geputzt und es gab einen großen Meeting-Raum mit einer Tischtennisplatte sowie einen sehr großen Innenhof und ein öffentliches Bad im japanischen Stil. Zum anderen habe ich dort sehr viele wirklich nette und tolle andere Studenten aus allen möglichen Ländern getroffen.
Nach einer gewissen Zeit hatte dann jeder seine eigene „Gruppe“ mit der man zusammen etwas gemacht hat. In unserer Gruppe waren Studenten aus Portugal, Spanien, Luxemburg, Frankreich, Italien, Deutschland und auch zwei aus Japan dabei. Es war wirklich toll, dass wir auch mit den zwei Studenten aus Japan öfter etwas unternommen haben, da sie uns so viele Sachen zeigen konnten, die man ansonsten nicht gewusst oder mitbekommen hätte. Im Allgemeinen ist es nämlich etwas schwieriger mit den japanischen Studenten in Kontakt zu kommen, da deren Englischkenntnisse meist etwas beschränkt sind. Aber es gibt eben auch einige deren Englisch wirklich gut ist und ansonsten muss man eben versuchen, sich etwas mit Japanisch auszuhelfen. Denn das ist nicht nur an der Universität so, sondern überall in Japan. Vor allem in Geschäften kommt man mit Englisch meist nicht sehr weit. Irgendwie funktioniert die Kommunikation dann aber meist doch und wenn alle Stricke reißen benutzt man Google-Translate. Allerdings ist es meiner Meinung doch sehr sinnvoll sich etwas mit der japanischen Sprache vertraut zu machen. Ich habe dort einen Japanisch-Kurs an der Universität besucht und auch schon vorher etwas Japanisch an der LUH gelernt. Trotz allem war es für mich immer noch relativ schwierig eine normale Konversation zu führen. Das Schwierigste ist allerdings das Lesen von japanischen Texten, da diese viele sog. „Kanjis“ enthalten. Das ist die Gruppe der verschiedenen Arten von japanischen Schriftzeichen, neben Hiragana und Katakana, die die meisten Zeichen besitzt. Um bspw. eine normale Zeitung lesen zu können, sollte man ungefähr 2000 Kanjis wissen. Aber trotz alledem bin ich froh, dass ich mich etwas mit der Sprache auskannte und dann eben doch das eine oder andere Mal auf Japanisch bestellen konnte.
Denn kulinarisch hat Japan wirklich viel zu bieten. Klassiker sind neben Ramen, Udon, Soba, Tonkatsu, Karage, Okonomiyaki natürlich auch Sushi und Sashimi. Das Essen unterscheidet sich wirklich stark zu dem unseren, allerdings ist es dadurch nicht weniger lecker. Ich habe das japanische Essen wirklich lieben gelernt und werde deshalb auch nun in Deutschland öfter japanisch essen.
An der Universität war ich die meiste Zeit im Labor, wo ich an meiner Studienarbeit arbeitete. Das Thema war etwas vollkommen anderes als in meiner Bachelorarbeit, daher war es sehr spannend für mich in ein neues Thema einzutauchen. Mit etwas Vorbereitung und der Zusammenarbeit mit meinem japanischen Tutor, der sich in diesem Thema bereits auskannte, war es auch nicht schwer in das Thema rein zu kommen. Generell waren alle Leute im Labor sowie der Professor super nett und sehr hilfsbereit. Ich habe zusätzlich zu meiner Arbeit im Labor noch drei Vorlesungen sowie den japanischen Sprachkurs besucht. Die Vorlesungen waren interessant, sind aber anders als in Deutschland, da dort am Ende des Semesters nicht immer eine Klausur verlangt wird. Die Evaluation kann beispielsweise auch in Form eines Final- oder mehrerer kleiner Reports stattfinden. An das technische Englisch gewöhnt man sich auch relativ schnell.
In unserer freien Zeit am Wochenende oder an Feiertagen wie beispielsweise der „Golden Week“ haben wir Ausflüge gemacht um das Land kennen zu lernen. In unseren ersten Wochen in Tokio haben wir allerdings zunächst die Stadt mit ihren verschiedenen Stadtteilen in Ein-Tages-Trips erkundet. Besichtigt haben wir beispielsweise Asakusa, Shinjuku, Shibuya, Kamakura und Ginza. Es ist wirklich erstaunlich wie verschieden die einzelnen Stadtteile sind. Außerdem waren wir am Fuji, welcher wirklich beeindruckend anzusehen ist. Wir haben ebenfalls mehrtägige Trips nach Okinawa, Hokkaido, Kyoto und Umgebung sowie Kyuushu gemacht. Wie die Stadtteile in Tokio, haben auch die unterschiedlichen Regionen in Japan einen ganz verschiedenen Charakter. Kyoto war sehr faszinierend, weil es dort sehr viele Schreine und Tempel sowie ganze Stadtteile im noch traditionellen Stil gibt. In Nara laufen Rehe frei in der Stadt rum, die man sogar streicheln darf. Okinawa ist eine Insel am unteren Ende Japans und ähnlich atemberaubend, wenn nicht sogar mehr, als die Inseln in der Karibik. Ein wirklich tolles Flair und eine wunderschöne Insellandschaft. In Hokkaido ganz oben im Norden Japans ist das Klima mehr dem in Deutschland ähnlich, das heißt weniger Luftfeuchtigkeit und etwas geringere Temperaturen. Dichte grüne Wälder und viel Ruhe kann man dort genießen. Wir haben uns auch getraut, den Mount Asahidake zu besteigen, was wirklich ein sehr tolles aber auch anstrengendes Erlebnis war. In Hiroshima haben wir uns das Friedensmuseum angeschaut. Ebenfalls dort haben wir in Miyajima das im Wasser stehende rote Tori-Gate, das meist fotografierte Motiv Japans, gesehen.
Es gibt so viel was wir dort noch gemacht und gesehen haben, wie beispielsweise Sumou-Kämpfe anschauen, den neuen Godzilla-Film im Shinjuku-Kino mit dem Godzilla-Kopf auf dem Gebäude zu sehen und an Clubaktivitäten der Universität wie dem Kendo- oder dem Teezeremonie-Klub teilzunehmen. Allerdings möchte ich diesen Bericht auch nicht zu weit in die Länge ziehen, da ich ja auch nicht alles vorwegnehmen möchte, was man in diesem interessanten Land so alles machen kann. Was ich aber mit Sicherheit noch sagen kann und möchte ist, dass die Entscheidung diesen Austausch mitzumachen wirklich eine wahnsinnig gute war. Und ich kann nur jedem, der sich fachlich weiterentwickeln und ein interessantes, vielschichtiges Land mit sehr netten Menschen sowie einer einzigartigen Kultur und Landschaft erleben möchte, nur empfehlen, sich für dieses Programm zu bewerben. Es lohnt sich!