Ich bin Ahmed Mesfar, studiere Maschinenbau an der Leibniz Universität Hannover und habe im Sommersemester 2018 ein Auslandsemester in Japan absolviert. Das Programm läuft zwischen dem Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) und der Keio University in Tokyo.
Bei dem Bewerbungsprozess sowie der Vorbereitung für den Aufenthalt waren Herr Heinrich Klemme seitens des IFW und Frau Kanako Matsuyama seitens der Partneruniversität sehr Hilfsbereit. Die Vorbereitung war eher unkompliziert und alles war gut organisiert und erklärt.
Ziel dieses Aufenthaltes war es, eine Studienarbeit anzufertigen, daher sollte ich mich schon vor der Einreise aus einer von der IFW gegebene Liste für ein Labor entscheiden. Ich habe mich für das „Kakinuma Koike Laboratory for Advanced Manufacturing Science“ entschieden. Nach dem ersten Kontakt mit Prof. Kakinuma, Leiter des Labs, wurde ich als Mitglied aufgenommen und durfte einen Einblick auf die laufenden Projekte erhalten.
Mein Flug ging mit Air China von Düsseldorf über Peking nach Tokyo. Insgesamt war ich ca. 18 Stunden unterwegs. Bei der Ankunft wartete ein Student aus dem Lab und brachte mich an mein Wohnheim. Im Wohnheim haben mich japanische Mitbewohner aufgenommen und haben mir alles gezeigt. Sie haben mich auch während der ersten Tagen bei allen Formalitäten wie Anmeldung, Krankenversicherung und Simkarte geholfen.
Schon während des Bewerbungsprozesses gab es die Möglichkeit sich auf ein Zimmer im Studentenwohnheim zu bewerben. Ich wurde im Okurayama International Dormitory untergebrecht. Das Wohnheim befindet sich etwa 35 min vom Campus, 15 min von der nächsten Haltestelle und 35 min Bahnfahrt von der Innenstadt Tokyos.
Das Wohnheim besteht aus vier Stöcken, zwei für männliche und zwei für weibliche Studenten. Jeder Stock verfügt über eine gemeinsame Toilette und eine Waschküche. Im Erdgeschoss teilen alle Bewohner eine gemeinsame Küche, eine Cafeteria, einen Musikraum, die Dusche sowie ein traditionelles japanisches Bad. Das Zimmer war mit einem Bett, Schreibtisch, Kleiderschrank, Kühlschrank, Klimaanalage und Balkon ausgestattet. Ich würde das Wohnheim weiterempfehlen, da es vor allem sehr international und im Vergleich zu anderen Wohnheime ziemlich klein ist, sodass es einfacher war, mit allen Mitbewohnern in Kontakt zu kommen und irgendwas zusammen zu unternehmen.
Die Keio University hat mehrere Gelände, verteilt über Tokyo und Yokohama. Ich habe das Yagami-Campus for Graduate School of Science and Technology besucht. Die erste Begegnung mit Prof. Kakiknuma und anderen Mitglieder im Lab war beim ersten Lab-Meeting. An dem Tag wurden alle neuen Mitglieder herzlich begrüßt und die unterschiedlichen Forschungsprojekte detaillierter vorgestellt. Nach einer Besprechung mit Prof. Kakinuma und anderen Studenten habe ich mich für ein Projekt im Bereich Maschinensteuerung entschieden und habe meinen Arbeitsplatz bekommen. Was mir beim ersten Kontakt aufgefallen ist, dass außer den Professoren, internationalen Studenten und einige japanischen Studenten, die meisten Japaner kaum Englisch sprechen. Ich bin jedoch mit Händen und Füßen fast immer zu Recht gekommen. Trotzdem wurde ich von allen Labormitglieder sehr gut empfangen und habe mich von Anfang an wohl gefühlt.
Studieren an der Keio University ist etwas anders gestaltet, als was ich an der LUH erlebt habe. Bachelor- und Masterstudium dauern insgesamt sieben Jahre. Studenten werden ab dem letzten Jahr des Bachelorstudiums bis Ende des Masterstudiums zu einem Lab zugeordnet und an einem Projekt arbeiten. Im Lab sind halt keine wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt, sondern die Studenten arbeiten selbständig an ihren Projekten und werden von zwei Professoren, Prof. Kakinuma und Prof. Koike, betreut. Während meines Aufenthaltes an der Keio University habe ich an meiner Studienarbeit gearbeitet. Meine Aufgabe war es, die Störgrößen infolge von Prozesskräften im Fräsprozess zu kompensieren. Da das Programm über das IFW läuft, konnte ich mir den Aufwand für die Suche nach einem Betreuer an der LUH sparen. Ein Betreuer wird nach der Rückkehr unkompliziert zugewiesen.
Das Wochenende sowie meine Freizeit habe ich genutzt, um die zwei größten Städte Japans, Tokyo und Yokohama, zu erkunden. Beide Städte bieten unglaublich viele Aktivitäten und Erlebnisse, wie Izakaya (japanisches Bar), Karaoke, Freizeitparks, Museen, Ausstellungen, etc. Die Gegend von Tokyo bietet auch sehr schöne Landschaften an, die man während Tagesausflügen erkunden konnte. Mein Highlight war das Hochklettern von Mt. Fuji und der atemberaubende Sonnenaufgang.
Über die „Golden Week“ (mehrere Feiertage hintereinander) konnte ich andere Orte in Japan wie Kyoto, Osaka und Kanazawa erkunden. Was mich in Japan richtig beeindruckte, war die starke Mischung zwischen Kultur, Modernität und schönen Landschaften. Man kann sich in wenigen Minuten mit dem Zug von der modernen Stadt in einem Tempel mitten im Wald befinden.
Die japanische Küche ist ganz besonders und vielfaltig. Es gibt etwas für jeden Geschmack und jede Gelegenheit. Von Sushi zu Rahmen, Okonomiyaki, Yakitori, Takoyaki, hat mir das Essen immer gut geschmeckt, sodass ich einen wichtigen Teil meines Budgets nur für Essen ausgegeben habe, damit ich alles Mögliche probieren konnte.
Die japanische Kultur war für mich ganz anders. Ich war sehr beeindruckt von der Höflichkeit und der Hilfsbereitschaft der Japaner. Ich habe sowas ehrlich gesagt noch nie erlebt. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass sie ein bisschen zurückhaltend und anders als in Deutschland sind. Die Japaner haben deutlich mehr Arbeitsstunden als hier, aber ob sie die Arbeitsstunden effektiv leisten, kann ich nicht bestätigen.
Mein Auslandsaufenthalt in Japan hat mich auf persönliche und fachliche Ebene weiterentwickelt. Durch diese Erfahrung konnte ich einige Skills wie Kommunikations- und Anpassungsfähigkeit verbessern. Ich habe auch viele gute Erinnerungen sowie viele neue Freundschaften gewonnen. Diesen Austausch war für mich eine gute Gelegenheit, ein sehr besonderes Land kennenzulernen und in die einzigartige japanische Kultur einzutauchen.
Zuletzt möchte ich mich beim Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW), der Dr.-Jürgen-und-Irmgard-Ulderup-Stiftung und der „Sieglinde-Vollmer-Stiftung für ihre Unterstützung bedanken.