Prozesssicherheit und Produktivität beim BTA Tiefbohren
Leitung: | Prof. Dr. Ing. Berend Denkena |
E-Mail: | classen@ifw.uni-hannover.de |
Team: | Markus Claßen |
Jahr: | 2020 |
Datum: | 11-10-21 |
Förderung: | ZiM |
Laufzeit: | 09/2020-10/2022 |
Ist abgeschlossen: | ja |
Tiefbohrverfahren ermöglichen die wirtschaftliche Herstellung von Bohrungen, deren Bohrungstiefe ein Vielfaches des Bohrungsdurchmessers beträgt. Neben dem Einlippentiefbohren und dem Ejektortiefbohren wird das BTA (Boring and Trepanning Association) Tiefbohren industriell angewendet. Letztgenanntes deckt dabei einen großen Durchmesserbereich ab (6 mm ≤ Ø ≤ 2.000 mm), bei einem maximalen Längen zu Durchmesser Verhältnis von 200 und wird bspw. für die Fertigung von Hydraulikzylindern, Spritzgussextruder oder Generatorhohlwellen genutzt. Bei derart großen Bohrtiefen ist zum einen der sichere Abtransport der Späne und zum anderen ein geringer Mittenverlauf, also die Abweichung der gebohrten zur idealen Bohrachse, entscheidend. Für den Spanabtransport aus der Wirkzone sorgt eine ungehinderte Zu- und Ableitung großer Bohrölmengen. Beim BTA-Tiefbohren wird das durch ein Bohrrohr realisiert, bei dem das Fluid zunächst im Ringspalt zwischen Bohrrohr und Bohrungswand zur Wirkzone fließt und mitsamt den Spänen im Innendurchmessers des Bohrrohrs abgeleitet wird. Der geringe Mittenverlauf wird durch eine asymmetrische Schneidenanordnung ermöglicht, welches das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zum konventionellen Bohren mit Wendelbohrern darstellt. Die so resultierenden, ebenfalls asymmetrischen Bohrkraftkomponenten werden über Führungsleisten in das Werkstück geleitet. Diese sorgen durch den Kraftschluss für ein Abstützen des Bohrkopfs in der Bohrung und verhindern weitestgehend ein Verlaufen des Werkzeugs.
Das prozessbedingte schlanke Bohrwerkzeug weist allerdings bei zunehmender Bohrtiefe eine erhöhte Nachgiebigkeit und somit eine erhöhte Neigung für Prozessschwingungen auf. Selbsterregte Torsionsschwingungen tragen zu einer wesentlichen Reduzierung der Werkstückstandzeit bei und führen zu einer erhöhten Geräuschemission. Biegeschwingungen des Werkzeugsystems in Kombination mit der Vorschubbewegung führen zu einem Drallbohren, wodurch der Bohrungsquerschnitt durch Gleichdicken abgebildet wird, was zum Ausschuss des gebohrten Werkstücks führen kann. Infolge des Eigengewichts kommt es zu einem Durchbiegen des Werkzeugs, wodurch ein Mittenverlauf begünstigt wird. Etablierte Maßnahmen sind zum einen eine angepasste Prozessführung, und zum anderen die Verwendung eines an dem Bohrrohr gekoppelten Lanchester-Dämpfers. Jedoch sinkt die Effektivität dieser Maßnahmen mit zunehmender Bohrtiefe, da sie nicht die Problematik der damit steigenden Nachgiebigkeit kompensieren.
Das Forschungsvorhaben „DAMPP“ zielt hingegen auf eine gegenüber der Bohrtiefe unabhängige Maßnahme. Die Idee ist simpel: Durch die Integration von Dämpfer-Abstütz-Modulen am Bohrrohr soll ein Abstützen des Werkzeugs sowie eine signifikante Dämpfung von Prozessschwingungen erreicht werden. Mit dem Projektpartner BTA-Tiefbohrsysteme wurden im Vorfeld die Systemgrenzen des neuartigen Werkzeugsystems definiert und die ersten experimentellen Untersuchungen laufen an. Deren Ergebnisse werden für die Parametrierung einer finiten Elemente Simulation genutzt, wodurch aufwändige Iterationsschritte beim Prototypenbau eingespart werden. Mit Abschluss des Projekts wird so ein voll funktionsfähiges Bohrwerkzeug mit integrierten Dämpfer-Abstütz-Modulen realisiert, anhand dessen Aussagen über Wirksamkeit und Nutzen für das BTA-Tiefbohren getroffen werden können.